Die rechten HĂ€nde von Franz Josef StrauĂ
In den 60er Jahren ergreifen zwei Akteure der Neuen Rechten ihre Chance und werden Teil von Franz Josef StrauĂâ engstem Beraterstab.
Im Oktober 1962 veröffentlichte der Spiegel den Artikel âBedingt abwehrbereitâ und thematisierte darin die Nato-WehrĂŒbung âFallex 62â. Das Manöver spielte das Szenario eines dritten Weltkrieges, im Sinne eines atomaren Verteidigungskrieges, durch. Das Urteil der Nato zum Zustand der Bundeswehr fiel vernichtend aus, die Schlechteste von vier möglichen Kategorien: âzur Abwehr bedingt geeignetâ.
Eine Schmach fĂŒr den Verteidigungsminister StrauĂ, der wĂ€hrend der Ăbung Urlaub an der italienischen Riviera machte. Die Bundesanwaltschaft witterte die Preisgabe von Staatsgeheimnissen und somit Landesverrat. StrauĂ, mittlerweile aus dem Urlaub zurĂŒck, lieĂ mit harter Hand gegen den Spiegel vorgehen.
Es folgten Verhaftungen der beiden Chefredakteure, sowie des Verlegers Augstein. Die berĂŒhmte âSpiegelaffĂ€reâ nahm ihren Lauf. An deren Ende wird der Druck auf Franz-Josef StrauĂ so hoch sein, dass er vom Amt des Verteidigungsministers zurĂŒcktreten muss.
Armin Mohler und der Mythos der âKonservativen Revolutionâ
Einer der Wenigen, die wĂ€hrend der AffĂ€re Partei fĂŒr ihn ergriffen, war der Schweizer Publizist und (Mit)BegrĂŒnder der Neuen Rechten in Deutschland, Armin Mohler. Ihn gilt es besonders hervorzuheben, weil Mohler in StauĂÂŽ politischer Karriere noch einige Impulse liefern wird. Doch wer war dieser Mann?
1920 in Basel geboren, das zu dieser Zeit als besonders ârotâ galt, war er angeblich erst in linken Studierendenkreisen aktiv. Ein Mythos, den Mohler um sich selbst gebildet hatte. GĂŒnter Maschke, ein ehemaliger APO-Aktivist und mittlerweile Teil der Neuen Rechten, wies in diesem Kontext darauf hin, dass der Schweizer Publizist keine marxistischen Begriffe und Konzepte verwendete, wie es fĂŒr marxistisch geschulte Personen ĂŒblich gewesen sei und, obschon er Mohler sehr schĂ€tzte, nicht davon ausgehe, dass dieser sich eingehender mit solchen Theorien befasst habe.
In starkem Kontrast zum Narrativ des linken Konvertiten steht das, was im Jahr 1941 passierte. Obwohl bereits Teil der Schweizer Armee, versuchte er sich dem Russlandfeldzug der deutschen Wehrmacht anzuschlieĂen.
SpĂ€ter wird er darĂŒber sagen:
â[D]ieser Moment wĂ€hrend des Krieges, 1941, wo meine Mutter ins Zimmer kommt und mir, dem linken, antifaschistischen Studenten sagt, die Deutschen sind in RuĂland einmarschiert. Das hatte nichts mit Antikommunismus zu tun, Ich hatte einfach das GefĂŒhl, jetzt gehtÂŽs um die Wurscht! und: da gehörst du irgendwo hin. Meine gröĂere IdentitĂ€t, die ĂŒber die bloĂe Heimat hinausging, das war eben doch Deutschland. Das war auch die Zeit, wo ich [Ernst] JĂŒnger zu lesen begann. So kam ich an den âArbeiterâ, und der wirkte derart explosiv, daĂ ich dann das Buch zumachte und am 5.Feburar ĂŒber die Grenze nach Deutschland ging.â
Doch er wird von der Wehrmacht abgewiesen. Ăber die genauen GrĂŒnde ist leider nichts bekannt. Stattdessen beginnt er ein Semester völkisch gerichtete Kunstgeschichte in Berlin zu studieren
1942 nimmt er an einem Sommerlager der Waffen-SS teil, dass er spĂ€ter in einem Interview als eine Art âpaneuropĂ€isches Erweckungserlebnisâ bezeichnen sollte. Er war begeistert von dieser Ansammlung an EuropĂ€erâąinnen aus DĂ€nemark, Spanien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich, die in seinen Augen den internationalen Elite-Geist der Waffen-SS widerspiegelten. Eben jener Geist stellte das europapolitische Erbe dar, dass die Neue Rechte antrat.
Nach seiner Haft begann Mohler seine Dissertation bei Karl Jaspers an der UniversitĂ€t Basel, die er 1949 abschloss. Sein Thema war âDie Konservative Revolution in Deutschland von 1918-1932â. In dieser, auch autobiographisch geprĂ€gten Arbeit, unternahm er den Versuch, verschiedenste radikal-nationalistische Autorâąinnen der Weimarer Republik vom Nationalsozialismus abzugrenzen, sie in einer einheitlichen Denkschule, die neben Liberalismus, Sozialismus und Konservatismus bestehen sollte, zu formieren und dadurch rechter politischer Theorie, die sich vermeintlich von der NS-Barbarei abgrenzen lieĂ, in der jungen BRD ein Fundament zu gieĂen.
Dabei konstruierte er aus einer höchst heterogenen Menge an extrem-rechten politischen und philosophischen Schriften einen Mythos, der bei eingehender Betrachtung von unterschiedlichsten AnsÀtzen und Ideen geprÀgt ist und deren einzige Gemeinsamkeiten die Ablehnung des Liberalismus, der Idee einer pluralistischen Gesellschaft und der parlamentarischen Demokratie darstellen. Mohler selbst zitiert in einem Brief an seinen Jugendfreund Hans Fleig seinen Doktorvater, der das Ansinnen seines Studenten auf den Punkt brachte, dessen prophetische FÀhigkeiten allerdings alles andere als hellseherisch waren:
âNicht wahr, lieber Herr Mohler, darĂŒber sind wir uns ja klar: Ihre Arbeit ist eine grossangelegte [sic] Entnazifizierung dieser Autoren, die besticht und heute in Deutschland mit Begierde gelesen werden wird. Wenn ich nicht wĂŒsste, dass Deutschland politisch nichts mehr zu sagen hat, sondern dass alles auf USA und Russland ankommt, könnte ich die Verantwortung fĂŒr Ihre Dissertation nicht ĂŒbernehmen. Da sie aber bloĂ begrenzten Unfug stiften wird, nehme ich sie an.â
Wie unrecht Jaspers damit behalten sollte, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der extrem rechte Thinktank âInstitut fĂŒr Staatsforschungâ (IfS) unter Leitung von Karl-Heiz WeiĂmann und Götz Kubitschek 2011 ein Sommerlager zum Thema der konservativen Revolution abhielt.
Durch diese Dissertation gelang Mohler, was ihm von vorherein im Sinn stand: Eine Wiedergeburt radikal-rechter Ideengeschichte, die dem bundesrepublikanischen Parlamentarismus ein autoritĂ€res, nativistisches und vom Reichsgedanken geprĂ€gtes Narrativ gegenĂŒberstellte, dass sich vermeintlich vom Holocaust und den GrĂ€uel der NS-Diktatur abgrenzte und die Wiedergeburt einer rechts-autoritĂ€ren ErzĂ€hlung möglich machte. So erlangte Mohler in kĂŒrzester Zeit Bekanntheit in den noch immer aktiven antiliberalen Kreisen der jungen Bonner Republik und wurde noch im Jahr des Erscheinens seiner Doktorarbeit PrivatsekretĂ€r von Ernst JĂŒnger.
Ein Autor, der bereits mit seiner autobiographischen DebĂŒtschrift zum Ersten Weltkrieg âIn Stahlgewitternâ (1920) fĂŒr Aufsehen sorgte. War sie doch durchtrĂ€nkt von streng preuĂischem Korpsgeist und von an sexuelle Fantasien erinnernden Kriegsanalogien:
âNach einiger Zeit erscholl vor der TĂŒr unserer hĂŒttenartigen Unterkunft der Ruf: »Heraustreten!« Wir traten bei unseren Gruppen an und stieĂen auf das Kommando: »Laden und Sichern!« mit geheimer Wollust einen Rahmen scharfer Patronen ins Magazin.â
Wessen Geistes Kind JĂŒnger in der Weimarer Zwischenkriegszeit war, lĂ€sst sich auch aus seiner politischen Hauptschrift âDer Arbeiterâ (1932) vernehmen. So schreibt Henning Ottmann im Band 4.1 seiner âGeschichte des politischen Denkensâ:
âWer den Nationalsozialismus vorweggenommen sehen will, kann auf das Anti-BĂŒrgerliche und Anti-Parlamentarische verweisen, auf die Verschmelzung von Arbeiter und Soldat, auf die Kollektivierung und Entindividualisierung. Im Anspruch auf die vollstĂ€ndige Erfassung ist der Arbeitsstaat totalitĂ€r. Im Unterschied zum Nationalsozialismus spielt bei JĂŒnger der Begriff der »Rasse« â auch wenn er ihn gelegentlich verwendet â keine konstitutive Rolle.â
Mohler war von 1949 bis 1953 JĂŒngers Adlatus, wurde von ihm liebevoll âArminiusâ genannt, in Anlehnung an eine âkonservativ-revolutionĂ€reâ Zeitschrift, fĂŒr die der Schriftsteller wĂ€hrend der Weimarer Republik publizierte.
Manchem mag auch die Parallele zu Arminius und der Varusschlacht 9 n. Chr. auffallen, die in einigen rechten Kreisen als die Geburtsstunde des Mythos Germanien gilt. WĂ€hrend seiner TĂ€tigkeit fĂŒr JĂŒnger traf er auch auf einen jungen Mann namens Marcel Hepp, der bereits in jungen Jahren die Werke des Schriftstellers sowie Mohlers Dissertation gelesen hatte und fĂŒr unsere Geschichte noch von erheblicher Bedeutung sein wird. 1953 ĂŒberwarfen sich Meister und SchĂŒler schlieĂlich, da JĂŒnger mehr und mehr an seinem VermĂ€chtnis als Autor von Weltgeltung gelegen war und deshalb begann, die Neuauflagen seiner politischen Schriften zu entschĂ€rfen.
In der Folgezeit ging Mohler als Korrespondent nach Paris, um fĂŒr verschiedene Zeitungen tĂ€tig zu sein, darunter die Schweizer Publikation âDie Tatâ, aber auch deutsche BlĂ€tter wie âDie Zeitâ und spĂ€ter auch âChrist und Weltâ. Deren Chefredakteur Giselher Wirsing war nicht nur ein Autor in Mohlers âKonservativer Revolutionâ, sondern besaĂ auch eine bewegte Vergangenheit als NS-Propagandist.
WĂ€hrenddessen webte Mohler ein Netz zur französischen Rechten, das fĂŒr die europĂ€ische Neue Rechte von nachhaltiger Bedeutung sein sollte. So lernte er den spĂ€ter einflussreichen Rechtsintellektuellen Alains de Benoist kennen, der extremen Einfluss auf die neurechte Ideengeschichte nehmen sollte.
Durch seinen Frankreichaufenthalt begann sich der Schweizer auch fĂŒr den französischen Staatschef Charles de Gaulle und dessen Vision eines Gaullismus zu begeistern. PrĂ€gend fĂŒr dessen Ideen waren der Typus eines autoritĂ€ren PrĂ€sidenten und die fundamentale Abkehr der Westbindung an die USA. Diese Idee sollte Mohler mit nach Deutschland bringen und in Franz Josef StrauĂ einen âdeutschen de Gaulleâ erblicken, womit die Beeinflussung des bayerischsten aller Politiker seinen Lauf nahm.
Der Weg zu Franz Josef StrauĂ
Wie eingangs bereits erwĂ€hnt, war Mohler einer der Wenigen, die wĂ€hrend der SpiegelaffĂ€re Partei fĂŒr den bayerischen Politiker ergriffen. Dies sollte ihm nun, nach seiner publizistischen TĂ€tigkeit, auch die Möglichkeit der direkten politischen Einflussnahme ermöglichen. In StrauĂ setzte Mohler seine Hoffnungen auf eine Umkehr der deutschen Innen- und AuĂenpolitik im Sinne einer autoritĂ€ren PrĂ€sidentenpersönlichkeit und einer Abkehr vom âUS-amerikanischen Seniorpartnerâ.
Jedoch war dem Schweizer nicht daran gelegen, mit der anderen GroĂmacht des Kalten Krieges, der UdSSR, zu kollaborieren. Ganz Gaullist forderte er von StrauĂ, auf Distanz zu beiden MĂ€chten zu gehen und brachte stattdessen eine Allianz mit dem kommunistischen China ins Spiel, eine Forderung, die StrauĂ jedoch ungehört verhallen lieĂ.
Nichtsdestoweniger wurde Mohler Redenschreiber und Autor im CSU-eigenen Parteiblatt âBayernkurierâ, dessen Herausgeber Franz-Josef StrauĂ höchstselbst war. AuĂerdem soll StrauĂ der Ideengeber fĂŒr Mohlers Buch âWas die Deutschen fĂŒrchten. Angst vor der Politik, Angst vor der Geschichte, Angst vor der Machtâ (1965), gewesen sein. Dem Buch stelle der Schweizer Autor eine Widmung fĂŒr Carl Schmitt voran, einer schillernden Persönlichkeit der extremen Zwischenkriegs-Rechten, der als Staatsrechtler groĂen Einfluss auf antiliberale Staats- und Politikideen nahm und in der NS-Zeit als Kronjurist der Nationalsozialistâąinnen galt. So war er an der Abfassung der NĂŒrnberger Gesetze beteiligt.
Im Nachgang des âRöhm-Putschesâ im Sommer 1934 veröffentlichte Schmitt den Essay âDer FĂŒhrer schĂŒtzt das Rechtâ und rechtfertigte damit die SĂ€uberungsaktionen vom 30.06.1934. Ganz im Sinne Schmitts, der dieses Manöver als âZugang zum Machthaberâ betitelte, gelang Mohler 1965 sein âmachiavellistisches MeisterstĂŒckâ, wie Volker WeiĂ es treffend betitelte, indem er seinen Adlatus Marcel Hepp als persönlichen Berater von StrauĂ und Chefredakteur des eben erwĂ€hnten âBayernkurierâ platzieren konnte.
Die "Katholische Front"
Jener Marcel Hepp ist eine weitgehend unbekannte Persönlichkeit, die allerdings in den letzten Jahren vor allem von der Neuen Rechten wieder in den Fokus gerĂŒckt wurde. Wie ebenfalls bereits erwĂ€hnt, lernten Hepp und Mohler sich wĂ€hrend Mohlers TĂ€tigkeit bei JĂŒnger kennen. Er und sein Bruder Robert â ein Soziologe, der in extremrechten Kreisen einen exzellenten Ruf genieĂt und in seinem demographischen Hauptwert: âDie Endlösung der Deutschen Frageâ bereits Ende der 1980er Jahre die Ideen eines Thilo Sarrazin, als auch den identitĂ€ren Diskurs und die ErzĂ€hlung des âGroĂen Austauschesâ voraussagte â pilgerten zu dem rechts-autoritĂ€ren Schriftsteller JĂŒnger, der im, von deren Heimatort Langenenslingen nicht weit entfernten, Wilflingen wohnte. Beide waren sowohl mit den Schriften JĂŒngers als auch mit Mohlers Dissertation bestens vertraut.
Die beiden BrĂŒder grĂŒndeten bereits Ende der 1950er Jahre die Studentengruppe âKatholische Frontâ an den UniversitĂ€ten TĂŒbingen und Erlangen. Doch durch Insistieren des Bischofs von Rottenburg musste die Gruppe in âKonservative Frontâ umbenannt werden. Kennzeichnend fĂŒr sie sei die Fundamentalopposition zum bundesdeutschen Kurs gegenĂŒber den Verbrechen des NS-Regimes gewesen, dabei nahmen sie den Kurs der Neuen Rechten in Deutschland, der durch Höckes Unwort des âDenkmal[s] der Schandeâ traurige BerĂŒhmtheit erlangte und sich in dem Begriff âSchuldkultâ subsumieren lĂ€sst, vorweg.
Auch die mittlerweile bekannten Taktiken der Umdeutung und Neubesetzung von politischen und gesellschaftlichen Begriffen sei Teil ihres aktivistischen Repertoires gewesen. Kennzeichnend sei auĂerdem ihr Rassismus gewesen, der sich beispielsweise in einer Modifikation eines Albert Schweizer Zitats Bahn brach, âum gegen afrikanische Studenten als »schwarze MinderbrĂŒder« zu hetzenâ. Diese Aktion zog immerhin ein Hausverbot der UniversitĂ€t TĂŒbingen nach sich. AuĂerdem gelten das BrĂŒderpaar und ihre Mitstreiterâąinnen als BegrĂŒnderâąinnen des auĂerparlamentarischen Aktivismus in der BRD.
Bereits Jahre vor der 68er Bewegung hĂ€tten sie âneuartige Kampfmethoden (âŠ) modern aktivistischen Stil(s) in der Bundesrepublik bekannt gemacht [âŠ]: Go-Ins, das »Kappern« von Versammlungen oder die Aufforderung an Professoren ihre Lehrmeinung zur rechtfertigen [seien] genuin rechte Wortergreifungsstrategien.â
Der Blog âHistorischer Augenblickâ des Instituts fĂŒr Geschichtsdidaktik und Public History der Eberhart Karls UniversitĂ€t TĂŒbingen versuchte in einer umfassenden Quellenrecherche das tatsĂ€chliche Wirken der âKatholischen/Konservativen Frontâ zu ergrĂŒnden. Allerdings fanden sich weder im Archiv der UniversitĂ€t eindeutige Hinweise, wie etwa das im Sezessionsartikel erwĂ€hnte Flugblatt (Artikel in Bibliographie aufgelistet), noch wurde die Gruppe in der Liste der ehemals aktiven Studentâąinnengruppen an der UniversitĂ€t TĂŒbingen aufgefĂŒhrt.
Auch weitere intensive Quellenrecherchen brachten keine handfesten Hinweise zu Tage. Trotzdem kommt der Autor des Blogartikels zu dem Schluss, dass die Gruppe wohl kein Mythos ist, sondern tatsĂ€chlich existierte, sie allerdings ob der fehlenden schriftlichen Zeugnisse eine eher kleine Gruppe waren, âohne Durchschlagskraft und mit wenigen Mitgliedernâ. Zusammenfassend lĂ€sst sich vielleicht konstatieren, dass die Neue Rechte die Gruppe um die GebrĂŒder Hepp dankend zu mehr stilisiert als sie in Wirklichkeit war.
Hepp â Sprachrohr und Stichwortgeber von Franz-Josef StrauĂ
Abseits seiner aktivistischen TĂ€tigkeit studierte Hepp Jura und legte 1965 das zweite Staatsexamen ab. Da StrauĂ zu diesem Zeitpunkt einen neuen persönlichen Referenten suchte, der keine internen Parteiverbindungen besaĂ, empfahl Mohler seinen vormaligen Adlatus an StrauĂ. So wurde dieser im MĂ€rz 1965 erst âSachbearbeiter in der CSU-Landesleitungâ, im Mai âReferent fĂŒr Ăffentlichkeitsarbeitâ und im Herbst desselben Jahres zu StrauĂ` âpersönlichem Berater in politischen Fragenâ.
Postwendend wird Hepp unter Einbeziehung von Mohler zum Stichwortgeber fĂŒr StrauĂ. Noch vor Hepps Berufung, im Sommer 1964, wurde auf dem internationalen diplomatischen Parkett ĂŒber einen âinternationalen Nichtverbreitungsvertrag von Atomwaffen (»Non-Profileration-Treaty« â NPT)â diskutiert.Â
Die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich hatten es aufgrund der vorangegangenen Atomwaffentests Chinas initiiert. Diese Bestrebungen trafen bei den Gaullisten, zu denen auch Mohler, Hepp und StrauĂ gehörten, auf groĂen Widerstand. Um dagegen politisch agitieren zu können, prĂ€gten Mohler und Hepp den Terminus des âAtomwaffensperrvertragesâ, den StrauĂ sofort fĂŒr sich besetzte und der wesentlich prĂ€gnanter war als âInternationales Nichtverbreitungsabkommen fĂŒr Atomwaffenâ
Der Erfolg der Begriffsbesetzung lĂ€sst sich beispielsweise daran bemessen, dass die Bundeszentrale fĂŒr politische Bildung in einem Artikel zum 50-jĂ€hrigen JubilĂ€um der Unterzeichnung des Vertrages den Begriff wie selbstverstĂ€ndlich verwendet
Zum 1.Mai 1967 wurde Hepp zum geschĂ€ftsfĂŒhrenden Herausgeber des âBayernkurierâ ernannt. Ihm ĂŒberstand dadurch nur StrauĂ selbst, der das Amt des Herausgebers bekleidete. Allerdings wurde laut eines Spiegelartikels vom 09.11.1969 Hepp im Impressum als geschĂ€ftsfĂŒhrender Herausgeber nicht genannt, obwohl dieser als âFreund und persönlicher Referentâ die Richtlinien der Blatt-Inhalte bestimmte. Hepp mobilisierte nicht nur Mohler fĂŒr das reiĂerische Parteiorgan, auch andere âkĂ€mpferische Rechtsintellektuelle wie Winfrid Martini und Ernst Franzelâ (laut Nils Wegener) wurden Teil der Redaktion.
Hepp provozierte mit Kommentaren wie z.B. zu Brandts Haltung zum âAtomwaffensperrvertragâ:
âWieder wird es ein Sozialdemokrat sein, der einen verhĂ€ngnisvollen Vertrag unterschreibt. Beim Versailler Vertrag spielte der SPD-Kanzler Bauer diese tragische Rolle. Jetzt ist Willy Brandt in seine FuĂstapfen getreten.â und weiter hieĂ es, â[Brandt und seine Umgebung hĂ€tten] schon immer ein gebrochenes VerhĂ€ltnis zum deutschen Standpunkt gehabt.â (Der Spiegel, 46/1969)
Wie der Spiegel in dem Text weiter berichtete, hatte nicht einmal die rechtsradikale Nationalzeitung Hepps Formulierungen uneingeschrĂ€nkt ĂŒbernommen und die Schlagzeile des âBayernkuriersâ âBrandt als Kanzler des Ausverkaufsâ mit einem â?â versehen. Der junge Marcel Hepp wurde vom Herausgeber des Spiegels Augstein dann auch treffend als âMaulschelle des F.J. StrauĂâ bezeichnet. In der Sezession des extrem rechten âInstituts fĂŒr Staatsforschungâ ist zu lesen, dass dieser einen konsequenten innerparteilichen Rechtskurs verfolgte und âpublizistisch gnadenlos ĂŒber politische Opponenten her[fiel]â
Seine aggressive Art rief 1968 die Junge Union auf den Plan, die seine Absetzung forderte. 1969 reif der CDU-Parteisprecher Uwe Rainer Simon Kanzler Kiesinger dazu auf, âdaĂ Marcel Hepp endlich abgelöst wird, damit diese unwĂŒrdigen Artikel, die dort veröffentlich wurden endlich wegkommen.â Diese ĂuĂerung wurde umgehend mit Beifall gewĂŒrdigt. Beide Beispiele zeigen eindringlich, welche GrĂ€ben die Publikationen Hepps und die Agitation StrauĂ` zwischen den Schwesternparteien aufrissen.
Welches Vertrauen Hepp wirklich genoss, zeigte sich, als dieser im Jahr der Bundestagswahl 1969 auf GeheiĂ StrauĂ` zusammen mit dem âAltreaktionĂ€râ (SĂŒddeutsche Zeitung) Becher in die USA reiste, um gegen die Unterzeichnung des âAtomwaffensperrvertragesâ Stimmung zu machen, dabei jedoch scheiterte. StrauĂ erlebte am 28.09.1969 eine krachende Wahlniederlage, am 05.03.1970 trat der von den Gaullisten gehasste Vertrag in Kraft. All das erlebte Hepp, mittlerweile an Knochenmarkskrebs im Endstadium erkrankt, nur noch vom Krankenbett aus. Er stirbt im Oktober 1970 im Alter von nur 34 Jahren an den Folgen seiner Erkrankung. StrauĂ hielt den Nachruf an Hepps Grab, hatte ihn aber laut Mohler wĂ€hrend der gesamten Zeit seiner Erkrankung nie im Krankenhaus besucht.
Welche politischen Ideale Hepp vertrat und wie er diese zum Ausdruck brachte, zeigt ein Mohler Zitat von Karl-Heiz WeiĂmann (Herausgeber der Jungen Freiheit). Demnach hĂ€tte sein ideologischer Ziehvater Mohler in ihm immer den GrĂŒnder der spanischen Falange (die spanische faschistische Partei) JosĂ© Antonio Primo de Rivera wiedererkannt.
Ein Mann, zu dem Mohler auf die Frage, ob er Faschist sei, mit der Antwort quittierte, wenn Faschist sein bedeute, dies im Sinne JosĂ© Antonio Primo de Riveras zu sein, dann sei er Faschist. Â
Ein Gastbeitrag von Robert Riedl